Deutsche Synchronfassungen fremdsprachiger Filme und Serien entstehen in mehreren Schritten. Zu dem stark arbeitsteiligen Prozess gehören die Übersetzung, die Erstellung des Dialogbuchs, das Taken, die eigentlichen Sprachaufnahmen und schließlich der Tonschnitt und die Mischung. Hier soll es um die ersten beiden Schritte gehen: die Übersetzung und das Dialogbuch.
Am Anfang jeder Film- und Seriensynchronisation steht eine präzise, genau recherchierte, eng am Original orientierte, idiomatische (nicht wörtliche) Übersetzung der fremdsprachlichen Dialoge. Übersetzt wird mithilfe der Dialogliste (oder Continuity, kurz Conti), vor allem aber anhand des Originalfilmes (Ton und Bild).
Alle im Original angelegten Aspekte müssen erkannt und stilsicher in deren deutsche Entsprechung transferiert werden:
Wenn keine exakte Entsprechung vorhanden ist, wie z. B. bei Wortwitzen, Dialekten oder in der Zielsprache ungeläufigen Referenzen, müssen selbige erläutert werden.
Unberücksichtigt bleiben in der Übersetzung Textlänge, Rhythmus, Sprechbarkeit oder Lippen- und Gestensynchronität. Denn Dialogbuchautor*innen, die der Originalsprache nicht mächtig sind, sollen nicht auf eine falsche Fährte geschickt werden. Eine qualifizierte Übersetzung bietet Alternativlösungen an und liefert Erläuterungen und Rechercheergebnisse. Sie ist Interpretationsangebot und Basis für einen guten Synchrontext. Dies ist besonders wichtig, wenn man von Originalfassungen in Sprachen ausgeht, die von Synchronbuchautor*innen gar nicht verstanden werden.
Angesichts dessen ist es unangebracht, von "Rohübersetzungen" und "Rohübersetzer*innen" zu sprechen. Bedauerlicherweise halten sich diese unpassenden Bezeichnungen hartnäckig.
Im zweiten Schritt entsteht der Synchrontext ebenfalls anhand des Originalfilms (und durch Ton und Bild restringiert), anhand der Dialogliste (Conti) sowie der Übersetzung. Der Synchrontext ist zeit-, lippen,- und gestensynchron und passt zu Sprech- und Bewegungsrhythmus der Originalrollen. Ohne das Original zu verfremden, entwickeln Dialogbuchautor*innen idealerweise eine eigene Interpretation. Ein schwaches Original darf im Rahmen dessen, was die Redaktion zulässt, gerne verbessert werden (während in der vorangegangenen Übersetzung Schwächen und Fehler nur kommentiert werden dürfen). Abgesehen vom Dialogtext werden im Dialogbuch auch nonverbale Äußerungen, Reaktionen, Atmer, Pausen und Perspektivwechsel notiert.
Verfügen Synchronbuchautor*innen über die nötigen Fremdsprachenkenntnisse, können Übersetzung und Synchronbuch zu einem Arbeitsprozess verschmelzen und aus einer Hand kommen. Andernfalls, oder wenn das Vier-Augen-Prinzip gefordert wird, werden die beiden Prozesse in zwei Schritten von zwei Personen durchgeführt.
Das fertige Dialogbuch ist nun inhaltliche Grundlage für die Sprachaufnahmen im Atelier, wo Synchronschauspieler*innen die einzelnen Takes, also den in sprechbare Einheiten aufgeteilten Dialog, unter Anleitung der Dialogregie spielerisch einsprechen.